Obwohl prinzipiell eine wahlfreie Abfolge der Varianten auf der Montagelinie möglich ist, hat die tatsächliche Fertigungsfolge unterschiedliche Auswirkungen auf die eigentliche Produktion und die Lieferung der eingehenden Bauteile. Dementsprechend ist eine Reihenfolgeplanung erforderlich. Deren Aufgabe ist es, jeder Variante aus dem von der Programmplanung freigegebenen Auftragsbestand einer Schicht einen dedizierten Fertigungstakt zuzuordnen. Dabei sind grundsätzlich zwei Zielsetzungen relevant:
Eine Endmontage wird zumindest in der Automobilindustrie häufig Just-in-Time oder gar Just-in-Sequence von vorgelagerten Produktionsstufen des eigenen Unternehmens und/oder von Lieferanten versorgt. Da das Just-in-Time-Konzept weitestgehend auf Lagerhaltung verzichtet, determiniert die Fertigungsreihenfolge in der Endmontage unmittelbar die Reihenfolge des Bedarfs an Bauteilen der vorgelagerten Stufen. Als ideale Voraussetzung der Just-in-Time-Versorgung wird ein gleichmäßiger Bedarfsverlauf angesehen, da nur unter dieser Voraussetzung auf die Lagerhaltung zum Abfangen von Spitzen im Bedarfsverlauf verzichtet werden kann. Dementsprechend zielt das sog. Level-Scheduling, welches dem berühmten Toyota-Production-System entstammt, als materialorientierter Ansatz auf eine möglichst gleichmäßige Verteilung des Bedarfs eines jeden Materials innerhalb der Fertigungsfolge.
Im Hinblick auf die effiziente Nutzung der Fertigungskapazität sind Überlastungen (sowie Leerzeiten) an den einzelnen Stationen der Montagelinie möglichst zu vermeiden. In Abhängigkeit von den optionalen Bauteilen, die in der Variante aufgehen, brauchen einzelne Varianten eine unterschiedlich lange Zeit, bis die Montage an einer Station beendet ist. Folgen zwei oder mehr für eine Station sehr arbeitsintensive Varianten hintereinander, so kommt es an dieser Station zu Überlastungen. Springereinsatz und Qualitätsmängel bis hin zum Bandstillstand können die Folge sein. Das sog. Mixed-Model-Sequencing minimiert diese Überlastungen durch eine exakte Terminierung der Arbeitsgänge an den Stationen unter genauer Beachtung von Fertigungszeiten, Stationslängen und der Taktzeit. Ebenso kapazitätsorientiert versucht das sog. Car-Sequencing diese detaillierte Erfassung zu umgehen, indem überlastungsträchtige Teilsequenzen von Varianten über Reihenfolgeregeln verboten werden. Eine Reihenfolgeregel von 1:3 bezüglich der Option Schiebedach besagt etwa, dass von drei aufeinander folgenden Fahrzeugen lediglich eines die Option Schiebedach enthalten darf, da andernfalls eine Überlastung auftreten würde.
Die ermittelte Fertigungsfolge wird im Rahmen der JIT-Logistik an die Lieferanten übermittelt, um dort die Lieferung der entsprechenden Bauteile auszulösen sowie als Sortiervorgabe der Just-in-Sequence bereitzustellenden Bauteile zu dienen, und andererseits an das Fließsystem selbst, um dort die physische Produktion anzustoßen.

Durchgeführte Projekte:

Reihenfolgesimulation  bei der Volkswagen AG

Ausgewählte Publikationen:

Boysen, N.; Fliedner, M.; Scholl, A. (2007): Level-Scheduling bei Variantenfließfertigung: Klassifikation, Literaturüberblick und Modellkritik. Journal für Betriebswirtschaft 57, 37-66.
Boysen, N.; Fliedner, M.; Scholl, A. (2007): A classification of assembly line balancing problems. European Journal of Operational Research 183, 674-693.
Boysen, N.; Fliedner, M.; Scholl, A. (2007): Sequencing mixed-model assembly lines: Survey, classification and model critique. Erscheint als "Invited Review" in: European Journal of Operational Re-search.
Boysen, N.; Fliedner, M.; Scholl, A. (2007): Level scheduling of mixed-model assembly lines under storage constraints. Erscheint in: International Journal of Production Research.
Boysen, N.; Fliedner, M. (2007): Comments on "Solving real car sequencing problems with ant colony optimization". European Journal of Operational Research 182, 466-468.
Boysen, N.; Fliedner, M. (2006): Comment on Gravel M, Gagné C and Price WL (2005). Review and comparison of three methods for the solution of the car sequencing problem. Journal of the Op-erational Research Society 57, 1497–1498.